Erinnerung an den 1. September 1939: mit dem Überfall auf Polen begann der Zweite Weltkrieg
Gedenkstunde am „Erinnerungsort Anker“ in der Lemker Straße, Samstag 31. 8. 2019, 13 Uhr
Stumme Zeitzeugen des Leids der Zwangsarbeiterinnen: die Pfeiler des Lagers "Anker" stehen noch heute.
Schon in den ersten Wochen der deutschen Besatzung fielen Tausende von Polinnen und Polen den Mordaktionen des Regimes zum Opfer. Aber auch Zwangsarbeit war für die Nationalsozialisten ein Instrument zur „Entvölkerung“ des Landes. Kriegsgefangene, KZ-Häftlinge, aber auch willkürlich ausgewählte Zivilpersonen wurden in das damalige Reichsgebiet deportiert. Manche Gefangene wurden gleich nach dem Angriff im September 1939 verschleppt und blieben Zwangsarbeiter bis zu ihrer Befreiung 1945. Insgesamt leisteten 2,2 Millionen Polinnen und Polen von Ende 1939 bis Mai 1945 in Deutschland Zwangsarbeit, davon 1,6 Millionen Zivilpersonen. Auch nach Nienburg und Umgebung wurden Menschen aus Polen einschließlich der zu Polen gehörenden Westukraine deportiert und in Lagern und lagerähnlichen Behausungen gefangen gehalten. Sie schufteten hier für die Kriegswirtschaft in Betrieben, Großunternehmen, aber auch Haushalten.
An ihr Schicksal wie auch an das aller anderen Nationen, die unter dem Krieg und seinen Folgen zu leiden hatten, erinnert der Arbeitskreis Gedenken im Anschluss an die Kundgebung des DGB am Samstag, 31. August 2019. Die Gedenkstunde findet um 13 Uhr am „Erinnerungsort Anker“ in der Lemker Straße 11 statt. Auf dem dort ehemals gelegenen Gelände des „Reichsarbeitsdienstes“ befand sich von 1941 bis 1945 das Zwangsarbeitslager „Anker“, in dem vor allem Frauen aus Polen und der Sowjetunion inhaftiert waren.
Gedenkstätten sind nicht überflüssig: Das Beispiel Waltrop
1943 wurde in Holthausen bei Waltrop ein Entbindungs- und Abtreibungslager für schwangere Zwangsarbeiterin nen errichtet. Neun Baracken hatte das Lager, darunter auch eine so genannte Strafbaracke, vor der – im ganzen Lager und seiner Umgebung sichtbar – ständig ein Galgen stand. In der Strafbaracke wurden Frauen laufend von SS gefoltert und ermordet. Mit bis zu 500 gefangenen Frauen war das Lager Waltrop das größte dieser Art im Reichsgebiet. Nur wenige kriegsgefangene Ärztinnen der Roten Armee standen für die schwangeren Frauen zur Verfügung. Insgesamt 1273 Kinder polnischer, ukrainischer und russischer Zwangsarbeiterinnen wurden hier geboren. Die Zahl der Abtreibungen ist unbekannt. Vermutlich starb etwa die Hälfte der Neugeborenen, meist durch bewusst von der SS herbeigeführte Unterversorgung.
Erst Mitte der 1990er Jahre wurde die Geschichte ihres Leids einer weiteren deutschen Öffentlichkeit bekannt. Damit es nicht wieder vergessen wurde, errichtete eine Intiative am Ort des Lagers ein Mahnmal. Der Bildhauer Paul Reding gestaltete es; Jugendliche aus dem Bistum Münster bauten ein Halbrund aus Eichenstelen nach seinem Entwurf. Mahnmale wie dieses sind nicht überflüssig. Als Erinnerungsorte bringen sie die konkrete Bedrohung zu Bewusstsein, die ständig von Rassismus und Rechtsextremismus ausgehen.
Für das am Weserwall geplante Mahnmal für alle Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung nimmt der Arbeitskreis Gedenken der Stadt Nienburg gern Spenden entgegen (Spendenkonto: DE59 2565 0106 0036 3696 35).