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Ukraine Krieg sofort beenden- Keine Alternative zu Verhandlungen

Andreas Zumach referiert vor über 70 Personen

Andreas Zumach im Kreis der attac-ver.di Friedenskooperation, von links nach rechts: Wolfgang Kopf, Lennard Fiene, Axel Nürge, Andreas Zumach, Torben Franz und Susanne Politt

Auf Einladung der attac-ver.di Friedenskooperation sprach der bekannte Friedensaktivist und freie Journalist Andreas Zumach vor zahlreichem Publikum im Nienburger Kulturwerk zu den internationalen Auswirkungen des Ukraine Krieges. Er verurteilte den seit dem 24. Februar andauernden völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine scharf und forderte einen umgehenden Waffenstillstand und rasche Verhandlungslösungen. In seinem Vortrag ging er ausführlich auf die internationalen Probleme und Verwerfungen, die der Ukraine-Krieg verursacht, ein und kritisierte den von Bundeskanzler Olaf Scholz formulierten Begriff der Zeitenwende.
 „Russland und die Ukraine müssen wieder an den Verhandlungstisch. Es gibt für beide Seiten keine Alternative zu Verhandlungslösungen, um zu einem akzeptablen Friedensschluss zu kommen“, betonte Andreas Zumach. Der Friedensaktivist weiter: „Es ist aber zu befürchten, dass erst durch internationale Vermittlung eine Friedenslösung zu Stande kommen kann. Traditionell gibt es drei Kriegsbeendigungsoptionen. Es gibt 1. die Möglichkeit eines Waffenstillstandes mit der völligen Kapitulation einer Kriegspartei, 2. den beidseitigen Verzicht weiterer Kampfhandlungen mit der Bereitschaft zu Verhandlungen und Kompromisslösungen und 3. einen lang anhaltenden Zermürbungskrieg, mit großen Zerstörungen und hohen Opfern in der Zivilbevölkerung. Im Augenblick deutet vieles auf die letztere Option hin. Aber auch danach müssen Russland und die Ukraine zurück an den Verhandlungstisch. Eine mögliche Lösung wäre der vierstufige Plan von Italiens Ministerpräsident Mario Draghi, der auf Vermittlung von UNO, OSZE und EU umgesetzt werden könnte.
Die erste Stufe des Plans sieht einen Waffenstillstand bei gleichzeitiger Entmilitarisierung der Kampfzonen und der Einrichtung internationaler Kontrollmechanismen in der Ukraine vor. Zweiter Schritt soll eine Friedenskonferenz über die Einrichtung des neutralen Status der Ukraine sein, der mit internationalen Verträgen im Sinne einer Schutzgarantie abzusichern ist. Die dritte Stufe ist ein bilaterales Abkommen zwischen den beiden Kriegsparteien, das eine weitgehende Autonomie der Krim vorsieht, den Status der Ukraine bestätigt sowie eine weitgehende Autonomieregelung für den Donbass enthält. Als vierte Stufe sieht der italienische Plan ein internationales Abkommen über Frieden und Sicherheit in Europa vor, das unter der Regie der OSZE die Beziehungen zwischen der EU und Russland regelt.“
Der Referent ging dann auf die internationalen Probleme und Verwerfungen, die der Krieg verursacht ein: „Der globale Süden und auch Afrika sehen auf den Krieg in Europa eher mit der Befürchtung drohender Hunger- und Umweltkatastrophen. Russland wurde für den völkerrechtwidrigen Überfall zwar mit UN-Beschluss von 141 zu 5 bei 40 Enthaltungen verurteilt, aber die vom Westen beschlossene Sanktionspolitik trägt die internationale Völkergemeinschaft nicht mit. Weder die Staaten Südamerikas, noch Afrika und mit Ausnahme von Japan und Südkorea auch kein asiatischer Staat beteiligen sich an den Sanktionen. Der westliche Wirtschaftskrieg gegen Russland ist eine reine Nato und EU-Angelegenheit, die lediglich von Australien, Neuseeland sowie den beiden genannten asiatischen Ländern mit getragen wird. Der Westen hat sich mit seiner Sanktionspolitik selbst isoliert, die Folgen trägt die Bevölkerung dieser Länder.“
Scharfe Kritik äußerte Andreas Zumach am vom Bundeskanzler Scholz in seiner Regierungserklärung vom 27. Februar ins Spiel gebrachten Begriff der Zeitenwende: „Das 100-Milliarden Euro teure Aufrüstungsprogramm ist keine Zeitenwende, sondern ein Rückfall in die dunkelsten Zeiten des kalten Krieges. Es heizt ein weltweites Wettrüsten und damit die Gefahr eines atomar geführten 3. Weltkrieges an. Die Rechtfertigung, dass es erstmalig nach dem Ende des kalten Krieges wieder zu militärischer Gewalt in Europa gekommen ist, ist schlicht falsch. Es war die Nato, die mit dem völkerrechtswidrigen Krieg 1999 gegen Serbien –Montenegro erstmals in Europa wieder Krieg geführt hat. Damit war die Büchse der Pandora geöffnet.
Wer von einer Zeitenwende spricht, muss sagen wo es hingehen soll. Bereits George W. Bush sprach 2001 von einer Zeitenwende. In der Folge überzogen die USA mit einer „Koalition der Willigen“ den Nahen Osten mit einer ganzen Reihe von Kriegen. So wurden u.a. Afghanistan, der Irak und Libyen völkerrechtswidrig angegriffen. Das hatte zur Folge, dass diese Region völlig destabilisiert wurde und es eine Reihe sogenannter fallender Staaten gab.
Aber auch innenpolitisch ist das Aufrüstungsprogramm brisant. Das sogenannte „Sondervermögen Bundeswehr“ ist nichts anderes als die Aufnahme neuer Schulden, die zudem noch in der Verfassung festgeschrieben werden. Wer aber 100 Milliarden Euro in Aufrüstung steckt, dem fehlen diese Mittel in der Sozial- und Klimapolitik. Damit wird die überfällige sozial-ökologische Umgestaltung der Gesellschaft auf Jahre ausgebremst. Mit einer Zeitenwende hat eine solche unverantwortliche Politik nichts zu tun. Selbst Ex-Kanzlerin Angela Merkel sprach in diesem Zusammenhang von einer Zäsur, den Begriff der Zeitenwende lehnte sie ausdrücklich ab.“
Abschließend forderte Andreas Zumach: „Wir brauchen statt einer solchen „Zeitenwende“ die Rückkehr zu einer UN-gestützten, multipolaren Weltfriedensordnung ohne moralische Doppelstandards bei Völkerrechtsbrüchen der Supermächte. Für Europa heißt das die Entwicklung einer europäischen Friedensordnung und eine Rückkehr zur Entspannungspolitik, wie sie von Egon Bahr entwickelt, von Willy Brandt durchgeführt und auch von Helmut Kohl weiter fortgeführt worden ist und die Ihren Höhepunkt mit der von Michael Gorbatschow entwickelten Vision eines gemeinsamen europäischen Hauses fand."
Die anschließende lebhafte Diskussion zeigte eine große Zustimmung zu den friedenspolitischen Thesen Zumachs. Die Organisatoren der Veranstaltung aus der attac-ver.di Friedenskooperation Wolfgang Kopf, Axel Nürge und Torben Franz zogen als Fazit: „ Es war unsere Zielsetzung, den oft eurozentrisch verengten Blick auf den Ukraine Krieg um die globale Sicht zu erweitern. Das ist mit diesem ebenso informativen, wie fesselnden Vortrag gelungen.“

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