Nachlese zu Wein und Talk zum Klimaschutz
Eine Veranstlatung der NaturFreunde Nienburg
„Act now – handelt jetzt“, war der Appell von Madita Fehse , aktiv in der Nienburger Fridays for Future-Bewegung. Im Rahmen der Wein- und Talkrunde im Nienburger Naturfreundehaus ging es um Engagement für den Klimaschutz, an der Uwe Hiksch vom Bundesvorstand der NaturFreunde, Nienburgs neu gewählter Bürgermeister Jan Wendorf und neben Madita Fehse auch Jonas Thurau von Fridays for Future als Gesprächsgäste teilnahmen. Den Ball zum Handeln nahm Zuhörerin Hedda Freese auf und kündigte an, dass sich noch in diesem Jahr eine Gruppe „Oldies für Future“ bilden sollte, denn Klimaschutz gehe uns alle, alt und jung, an. Jan Wendorf sicherte zu, dass „… die Stadtverwaltung nicht ihr Gegner ist, sondern wir Ideen aufnehmen und unterstützen wollen.“ Trotz aller Notwendigkeit zu schnellem Handeln wies Uwe Hiksch, Bundesvorstandsmitglied der NaturFreunde, mit Blick auf die Anti-Atomkraftbewegung auf den langen Atem hin, der auch benötigt wird. Passend dazu dann die Musikeinlage von Ludger Schwabe, begleitet von Artur Sadowski am Klavier. Mit einem eigenen Text „Bitte bleib doch für immer jung“ appellierte er, den Traum und das Engagement für Veränderungen nicht aufzugeben.
Die Schwierigkeit zeigte Uwe Hiksch auf. Selbst wenn sich alle Parteien für Klimaziele einsetzten, werde nach seiner Ansicht die Diskussion nicht ehrlich geführt. Ein Wirtschaft, die darauf ausgelegt sei, immer mehr Ressourcen zu verbrauchen, stehe dem Umweltschutz entgegen. Folglich stünden wir nicht nur mitten in einer Klimakrise , sondern auch mitten in einer Zivilisationskrise. Wir hätten vermutlich alle noch nicht so ganz begriffen, wie tiefgreifend die anstehenden Veränderungen bei uns sein müssten, zumal auch die Eltern in Afrika zu Recht ihren Kindern eine Zukunft mit einem Leben bieten wollen, wie es in Europa für selbstverständlich gehalten werde. Aber: „Wir werden nicht alle Menschen zur Einsicht bringen können. Doch im Zentrum der politischen Forderungen sollte ohnehin nicht die Kritik am individuelle Verhalten einzelner Menschen stehen. Wesentlich wichtiger sei es, die ökonomischen Strukturen in Richtung auf eine sozial-ökologische Transformation zu ändern.“ Auf politische Mehrheiten allein will er sich dabei nicht verlassen. Selbst die Stadt Berlin mit einer rot-rot-grünen Mehrheit brauche den Druck von außen, um Maßnahmen,die zum 1,5 Grad-Ziele passen, zu ergreifen. Denn dies sei beispiesweise mit weiterer Flächenversiegelung für den Bau von Wohnungen und mit mehr Flugverkehr nicht zu erreichen. Den Mangel an Mut, mit klaren Worten das notwendige Handeln zu benennen, kritisierte auch Ludger Schwabe von den hiesigen NaturFreunden.
Dass dies durchaus möglich ist, zeigt die Wahl von Jan Wendorf, der sich bei seiner Kandidatur zum Bürgermeister gegen das geplante Logistikzentrum Schäferhof positionierte. Das Nachdenken über Arbeitsplätze unter Klimaschutzbedingungen zog sich wie ein roter Faden durch der Diskussion. Hiksch: „Die Transformation zur CO2-freien Produktion kann nur sozial vorangebracht werden. Wir können gut bezahlte Arbeitsplätze bei VW nicht durch Niedriglöhne bei Pizzalieferanten ersetzen. Damit wir die Menschen mitnehmen, müssen Berufe wie Busfahrerin genauso attraktiv sein wie der Facharbeiter in der Automobilindustrie.“
Jonas Thurau sprach sich dafür aus, in allen Bereichen mit der Diskussion zum Klimaschutz reinzugehen. „Die Menschen müssen gegenüber der Politik sagen, dass sie für den Wandel bereit sind. Sie müssen realisieren, dass die Lage ernst ist. Lasst uns offen auf Leute zugehen und zwei Fronten vermeiden. Wer selbst nicht in der Lage ist, etwas bei sich zu ändern, sollte bereit sein, Änderungen mitzutragen.“ Madita Fehse erinnerte daran, dass junge Menschen äußerst selten Zeitung lesen. „Aber wir sind über die sozialen Medien präsent." So kämen Impulse auch bei denen an, die bei den Streiks nicht dabei seien. Es zeigten sich sehr viele offen für das Thema. Tobias Sperling von der Vorbereitungsgruppe sieht die Chance darin, immer wieder Impulse für klimagerechtes Verhalten zu geben, wie z.B. die NaturFreunde mit dem sanften Tourismus.
Jan Wendorf sprach sich ebenfalls für Gespräche aus. „ Ich muss auch erklären können wie wir zu unseren Visionen kommen“. Er will alle mit an den Tisch bringen und zuhören, damit sich niemand abgehängt fühlen wird. Alle sechs Wochen will er in der Stadt den Dialog außerhalb des Rathauses suchen. Für die Zukunft soll sich Nienburg nicht nur über Spargel, Polizeiakademie und Scheibenschießen definieren. Sein Wunsch wäre es, einen Zukunftscampus aufzubauen. Er wies darauf hin, dass wir uns auf Änderungen einstellen müssten: das Geld in der Stadt werde häufiger in andere Richtungen fließen.
In der letzten Talkrunde ließ Moderatorin Imke Hennemann-Kreikenbohm vom DGB Niedersachsen noch weitere Fragen aus dem Publikum zu. Hier wurde noch darauf hingewiesen, dass gerade das Militär enorm zur Klimakrise beiträgt. Allein der CO2-Verbrauch der US-Army sei größer als die skandinavischen Länder zusammen. Das Nachhaltigkeit gehen würde, zeige Kuba, dass als nachhaltigste entwickelte Land der Welt gilt und hierfür aktive Politik betrieben hat. Auch ein stärkeres vernetztes Handeln der Akteure in Nienburg wurde verlangt.
Thurau gab allen noch einmal ein Ruck: „Wir haben nicht mehr Zeit. Jetzt ist der Zeitpunkt da zu handeln!“
Zum Foto: Imke Hannemann-Kreikenbohm (rechts) vom DGB führte die Gespräche in vier Talkrunden, unterbrochen mit Weinproben am roten Faden entlang. Zu den Gästen bei den NaturFreunden gehörten Madita Fehse, Jonas Thurau (Fridays for Future), Bürgermeister Jan Wendorf und Uwe Hiksch vom Bundesvorstand der NaturFreunde (von links).
Volker Selent
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