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Leben 4.0 – wie es sein wird und wie es werden könnte

Wein und Talk 2018

MdB Katja Keul und MdB Marja Völlers (von links) diskutierten mit dem Landesvorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kubahn (rechts), über die digitale Zukunft. Michael Fischer führte als Moderator den Gesprächsstrang zwischen Klaviermusik und Weinproben.
Etwa 70 Zuhörerinnen und Zuhörer kamen ins Naturfreundehaus, um den Gesprächsrunden zum Thema "Leben 4.0 – wie es sein wird und wie es werden könnte" zu folgen. Als Gesprächspartner waren Tilman Kubahn von der Jungen Union sowie die beiden Bundestagsabgeordneten Katja Keul (Grüne) und Marja Völlers (SPD) erschienen. Moderator Michael Fischer von der ver.di-Bundesverwaltung wies zu Beginn der Veranstaltung auf die steigende Bedeutung der Digitalisierung in der Politik hin. Er verwies dabei insbesondere auf die Enquete-Kommission "Künstliche Intelligenz – Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Potenziale", die der Bundestag im Juni dieses Jahres eingesetzt hat und die Handlungsempfehlungen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) formulieren soll.

Was die neue Technologie alles vermag, thematisierte ein Einstiegsdialog über das sogenannte Leben 4.0. Künstliche Intelligenz wird immer besser in der Lage sein, Menschen Entscheidungen abzunehmen. Das Handeln und Wollen eines Menschen lässt sich durch den Zugriff auf gesammelte Daten nicht nur vorausberechnen, sondern sogar beeinflussen. Der Mensch wird gläsern, bewertet und gerankt. Dabei sollte es eigentlich zu einer deutlichen Arbeitserleichterung kommen. In der Realität steigt jedoch für viele der Zeitdruck und das Leben wird hektischer.

In den Talkrunden wurde diskutiert, inwiefern sich die neue Technologie überhaupt gestalten lässt. Keul, Kubahn und Völlers jedoch sprachen davon, dass sich allein aufgrund der schnellen Entwicklung nur nachträglich etwas regulieren ließe. Konkrete Beispiele, wo welche Grenzen gesetzt werden sollten, blieben aus. Vielmehr wurde darauf hingewiesen, dass es hier internationaler Regeln bedarf. Kubahn sprach sich vielmehr am Beispiel von kommunizierenden Autos, die Überholvorgänge bei Tempo 140 sicherer machen könnten, für eine Lockerung des Datenschutzes aus. Denn dieser verhindert derzeit entsprechende Entwicklungen. "Als Kontinent der Innovation brauchen wir auch innovativen Datenschutz mit Maß der Mitte". Somit möchte er auch die wirtschaftliche Stärke beibehalten.

Völlers war dem gegenüber etwas skeptischer. Sie wolle Facebook und Instagram schon Fesseln setzen. "Ich glaube, wir können schon etwas zu neuen Spielregeln bei Persönlichkeitsrechten – entgegen den Interessen der Großkonzerne – machen." Die Gefahr, dass Arbeitsplätze, insbesondere standardisierte, wegfallen könnten, sah sie genauso wie Katja Keul. Daher setzte sie darauf, Weiterbildung zu fördern. Bei der zunehmenden Crowdarbeit sieht auch Kubahn die Gefahr, dass durch das isolierte Arbeiten der Austausch für ein soziales Verhalten verloren geht. "Die Digitalisierung muss dem Menschen dienen", ist dabei die Orientierung von Keul.

Die grüne Bundestagabgeordnete verwies ferner auf die Macht der Verbraucherin und des Verbrauchers. "Das Smartphone kann zum eigenen Folterinstrument werden. Vielleicht haben demnächst Regionen mit Funklöchern touristische Zukunft, um sich tatsächlich erholen zu können."

Dass die Politik die digitale Welt nicht im Vorfeld gestalten kann, stieß im Publikum eher auf Beunruhigung. So mahnte eine Zuhörerin an, dass die Risiken im Voraus transparent erkannt werden müssten, um damit offener umgehen zu können. Auch die Frage, wo die Grenzen für "immer schneller, höher und weiter" sind, blieb unberücksichtigt. Dagegen konnten noch einmal unterschiedliche Auffassungen bei der Frage der Sicherheit und den Persönlichkeitsrechten erkannt werden. Während Kubahn der Sicherheit den Vorschub gab, wollten Keul und Völlers die Rechte des Einzelnen in der Demokratie gewahrt wissen.

Auch wenn keine konkreten Grenzen genannt wurden, die politischen Handlungsfelder eher nebulös und daher die Chancen und Risiken schwer abzuwägen sind, so zeigte die Veranstaltung der NaturFreunde und ver.di doch, dass zu der Betrachtung "Leben 4.0" noch viele Fragen zu beantworten sind. Und es damit spannend bleibt, wer die Zukunft hierüber gestaltet.

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